Am Freitag war ich um 08:47 Uhr nach der morgentlichen Basketball-Session auf dem Weg zum Denner. Wollte mir etwas gönnen. Keine Ahnung, warum ich plötzlich um 07:00 Uhr aufgewacht bin; aber ich habe es getan. Wachte langsam auf und fasste den Entschluss, dass jetzt geschwitzt wird. Ging um 07:30 Uhr zum Basketballfeld in der Nähe und warf ein paar Körbe.
Ich wusste, dass es nach dem Schwitzen eine Belohnung in Form vom Denner-Thon-Brötchens geben muss. Ich liebe dieses schäbige Sandwich! Das Weggli ist zwar gummiartig, die Mayo ein bisschen gelblich und der Thon hat auch schon bessere Tage gesehen, dafür kostet das Meisterwerk nur CHF 1.90! Ein Deal. Vor allem wenn man bedenkt, dass das Denner-Thon-Brötchen, das Beste schäbige Thon-Brötchen von allen ist. Coop und Migros haben keine Chance! Der Unterschied? Denner benutzt mehr Mayonnaise als die Konkurrenz. Egal wie beschissen die Mayo ist, Mayo ist immer gut. Und mehr ist immer besser. Quantität statt Qualität. Die Denner-Thon-Brötchen-Mayo ist meiner Meinung nach auch darum perfekt, weil sie sowohl im positiven als auch im negativen Sinn „nasty“ ist. Sie schmeckt gleichzeitig gut und widerlich. Es gibt nur wenige Lebensmittel, die diese Eigenschaft besitzen. Die chemische Kino-Nacho-Käsesauce gehört auch in diese Kategorie. Gleichzeitig abstossend und geil. Einfach „nasty“.
Auf jeden Fall war ich auf dem Weg zum Denner, als ich kurz vor meiner Zieldestination, in einer Nebengasse, einen unscheinbaren Mann entdeckte. Braune Hose, braune Jacke, braune Haare.
Er wirkte auf mich wie ein Antiquar, der ein kleines Antiquariat in der Altstadt führt, wo er die seltensten und ältesten Schriften der ganzen Schweiz lagert und beschützt. Er liebt sicher Bücher. So sieht er aus. Wie ein kleiner Bücherwurm. Der Bücherwurm-Nimmersatt. Er liest mindestens ein Buch pro Tag. Wahrscheinlich hasst er Mangas. Zu exotisch. Dafür findet er Graphic Novels aber cool und modern (Maus und Watchmen kennt er bestimmt).
Plötzlich zückte er aus seiner Hosentasche ein kleines Fläschchen, wandte mir den Rücken zu, öffnete das Fläschchen und vernichtete den Inhalt mit einem Schluck. Als ich diese Szene sah, fing das Kopfkino an.
Was ist das für ein Fläschchen? Ist es ein Flachmann? Es sieht so aus. Mit was wurde das Fläschchen gefühlt? Trinkt der Typ um 08:47 Uhr schon Hochprozentiges? Und falls nein, welcher Psychopath trinkt Wasser aus einem Flachmann? Gehört der morgendliche Shot eventuell zum guten Ton in der antiquicken Szene?
Ich hätte so gerne mehr gewusst. Gewusst, wer dieser Mann ist. Was im Flachmann war. Was er arbeitete. Ob er arbeitete. So viele Fragen und keine Antworten.
Die Wahrheit werde ich wohl nie erfahren. Aber das ist okay, da ich immerhin ein leckeres und labbriges Denner-Thon-Brötchen hatte.